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Wie geht für immer glücklich? Was hält Paare zusammen?

Wie geht für immer glücklich? Was hält Paare zusammen? 

Interview mit einer Beziehungscoachin über die Frage: wie geht für immer glücklich?

Im Gespräch mit Arlyn Wollersheim, Coach für Paare und Einzelklienten in Troisdorf und Umgebung. Das Gespräch führt Simone Krause, freie Journalistin, Köln.

Welche Paare finden den Weg in Deine Praxis und gibt es typische Probleme, die sie im Gepäck haben?

Kurz gesagt, es kommen junge und ältere Paare, die mitunter schon viele Jahre zusammen sind. Glücklicherweise ist der Gang zu einem Beziehungscoach heute nicht mehr so schambehaftet und immer mehr Menschen nutzen diese Möglichkeit, um ihre Beziehung deutlich zu verbessern. Die heutige schnelllebige Zeit und das hohe Anspruchsdenken bringen neue Konflikte. Wie können wir unsere Lebensentwürfe in Hinblick auf Kinder, Jobs und eigene Verwirklichung möglichst ohne Konflikte auf einen Nenner bringen, ist dabei häufig Thema.

Aber Paare, die diese Phase bereits abgeschlossen haben, was beschäftigt die?

Hier geht es oftmals um das Gefühl, sich auseinander gelebt zu haben und keinerlei Gemeinsamkeiten mehr zu spüren. Der Alltag, die vielen Routinen und der nagende Zweifel, ob die Gefühle noch für eine Beziehung ausreichen, oder ob es sich nicht schon längst nur noch um eine gute Freundschaft handelt. Ebenso spielt es eine Rolle wie die Partner mit einem möglichen „Lebensmittegefühl“ umgehen. War es das schon oder kommt da noch etwas zum Beispiel.

Was erwartet diese Partner dann in einem Coaching?

Eine intensive Spurensuche und verschiedene Übungen, um wieder in Kontakt mit den ursprünglichen Gefühlen zu kommen. Was ist noch da und wo ging auf dem gemeinsamen Weg vielleicht etwas verloren? Oftmals können die Paare sehr genau zuordnen, wann die Veränderung zwischen ihnen begonnen hat. Hier lohnt es sich hinzuschauen und Klarheit zu schaffen, um sich wieder näherzukommen. Nicht selten gibt es einen konkreten Anlass, der aber nicht in Zusammenhang gebracht wird.

Gibt es einen „Kardinalfehler“ in Sachen Liebe, Deiner Meinung nach?

Ja, den gibt es! Eigentlich kommt die Liebe, um zu bleiben. Aber sie verträgt es ganz und gar nicht, wenn sie nicht gepflegt wird. Sie ist keine Diva, aber beachtet werden will sie schon.

Welche Art der Beachtung hätte sie denn gern?

Liebe hat etwas Dynamisches. Sie möchte zwischen zwei Menschen hin und herschwingen. Das bedeutet, dass sich die Menschen einander öffnen und zuwenden. Die besondere Magie des Beziehungsanfangs gilt es immer wieder neu zu entfachen, indem man sein Gegenüber neugierig und offen „erforscht“. Der Alltag mit all seinen vielen Verpflichtungen macht uns das manchmal schwer. Wir müssen mit unserer Energie haushalten und sparen, aber tun das mitunter am falschen Ende, wenn wir uns dadurch die Kraftquelle einer gelingenden Beziehung abschneiden.

Was bedeutet das praktisch?

Es gibt viele gute Tipps, wie sich die Liebe wiederbeleben lässt. In erster Linie geht es darum, sich gegenseitig zu zeigen: „Hej, das hier mit uns ist mir wichtig – ich möchte mich wieder um uns bemühen.“ Dann sind kleine Gesten im Alltag der erste Schritt und natürlich gemeinsame Zeit, die eben nicht auf der Couch vor dem Fernseher verbracht wird. Zeitinseln schaffen und sich wieder als Paar neu erleben.

Was glaubst Du, ist für Paare dabei die größte Hürde?

Das eigene Schamgefühl zum einen und die eigene Bequemlichkeit zum anderen. Wenn sich Paare entfremdet fühlen und sich auch körperlich schon lange nicht mehr nähergekommen sind, ist der Rückweg hier oft hölzern. Gerade Frauen haben oft Hemmungen, sich wieder zu öffnen aus Sorge, sich dabei im wahrsten Sinne des Wortes die Blöße zu geben. Das Thema Intimität und Erotik wird von vielen Paaren lange weggedrückt.  Und dann hat auch jeder der Partner eine Art Rollenbild des anderen und in Zeiten der Unsicherheit möchte keiner so recht aus seiner Rolle fallen. Ein Teufelskreis, der sich aber dann erfolgreich unterbrechen lässt, wenn einer sozusagen in Vorleistung tritt und den Anfang macht.  

Ist Sex also unabdingbar für die Liebe?

Entscheidend ist eher die Frage, was einer körperlichen Annährung eigentlich gerade so im Wege steht? Ist es etwas, das eher im Feld eines Partners persönlich liegt, etwa weil er oder sie gerade mit sich selbst beschäftigt ist (Stichwort Wechseljahre zB) oder ist es die körperliche Vereinigung als solche, die gerade nicht vorstellbar erscheint. Und auch dafür können die Ursachen in einem ganz anderen Bereich liegen. Eine lediglich seelische Nähe oder besser Intimität kann eine Partnerschaft auch lange tragen, sofern sich beide darüber einig sind und sich entsprechend ausgetauscht haben.

Was bringt Paare am häufigsten in eine Beziehungskrise?

Es gibt sehr verschiedene Anlässe dafür, aber eines ist in nahezu allen Fällen die Ursprungsquelle – und das ist die Kommunikation. Kommunikation ist eigentlich eine Bedürfnisfrage und damit sehr komplex. Sie setzt nämlich voraus, dass ich erstens meine eigenen Bedürfnisse gut wahrnehmen und formulieren kann und zweitens diese meinem Partner in eben nicht vorwurfsvoller und fordernder Haltung präsentieren kann.

Der Ton macht also die Musik?

Nicht nur der Ton. Die Paare müssen lernen, sich gewaltfrei, also ohne Bewertungen und Vorwürfe auszutauschen. Viele Paare sind felsenfest davon überzeugt, sich gegenseitig in und auswendig zu kennen. Sie glauben genau zu wissen, wie der andere ist, denkt, was er fühlt und was er sich wünscht. In meiner Praxis erlebe ich, dass das sehr häufig ein Irrglaube ist.

Müssen die Partner also eine neue Sprache lernen?

Ja und nein. Gewaltfrei zu kommunizieren ist keine eigene neue Sprache, sondern eine Haltungsfrage mit dem Ziel, sich so auszudrücken, dass mein Gegenüber mich verstehen kann, ohne sich dabei angegriffen oder kritisiert zu fühlen. Das bringt sofort eine andere Stimmung in die Beziehung. Ich vergleiche das gerne mit einem Schützengraben, aus dem sich beide wieder heraustrauen, wenn sie sich wieder sicher fühlen. Wenn sie sich dann einander wieder zeigen, kann konstruktiv weitergearbeitet werden.

Was ist die beste Voraussetzung für „für immer glücklich“?

Wenn die Grundbasis der Beziehung eine tiefe und innige Freundschaft ist. Beziehungen sind immer in Bewegung und als ein sehr dynamisches Konstrukt anzusehen, in das jeder neben seinen biografischen Prägungen auch seine Erwartungen, Hoffnungen und Befürchtungen mitbringt. Gleichzeitig bewegen wir uns durch die Zeit, wir werden älter, stolpern vielleicht mal und setzen uns auch mit unseren eigenen Ängsten auseinander. Jeder für sich. Manchmal schlagen die Herzen also nicht im Gleichklang. Das halte ich für völlig normal. Wenn aber eine innige Freundschaft die Liebe trägt, finden die Herzen leichter in einen gleichen Takt zurück.

Finden auseinander gelebte Paare also nur diesen Gleichklang nicht wieder?

Paare, die sich im Alltag verloren zu haben glauben, können sich wiederfinden, wenn sie das denn möchten. Die Liebe ist kein Mysterium und manchmal bedeutet es schlichtweg Engagement und eine Entscheidung, um sie wieder begrüßen zu dürfen. Eine Beziehungsberatung ist hilfreich, um aufzudecken, was sich dem Paar bislang noch nicht gezeigt hat. Das bringt Klarheit und eine neue Perspektive.

Kann man vorhersagen, welchen Paaren, das eher nicht mehr gelingen wird?

Zumindest gibt es Hinweise darauf, wenn das Paar generell nicht mehr sehr freundlich miteinander umgeht. Wenn Verachtung, ständige Kritik, eigener Rückzug und eher ein konsequentes Mauern gegen die Veränderungsvorschläge eines Partners vorherrschen, wird es schwierig. Hier bleibt zu klären, ob es für dieses Verhalten einen bestimmten Grund gibt, wie zum Beispiel eine tiefe Verletzung durch einen Vertrauensbruch oder dergleichen. Ziel ist es, dem Paar neue Handlungsperspektiven zu eröffnen. Dazu kann auch gehören, sich mit dem Thema Verzeihen und Vergebung zu beschäftigen.

Bedeutet also eine Trennung ein Scheitern der Beratung?

Nein keineswegs. Sich gekonnt zu trennen kann auch ein gutes Ergebnis eines Coachings sein. Gerade wenn auch Kinder davon betroffen sind. Die Paare erarbeiten sich dann gemeinsam einen Lösungsweg für ein gutes Auskommen in der Zukunft. Auch dafür ist ein klarer Blick auf das, was war und eben nicht mehr sein kann, hilfreich. Den Grundstein für ein friedliches Miteinander bildet auch hier wieder eine gute Kommunikation.

Gibt es einen generellen Ratschlag, den Du an Paare richtest?

Nicht zu lange warten, sich Unterstützung zu suchen. Paare kommen leider immer erst in eine Beratung, wenn die Schieflage schon ziemlich ausgeprägt ist. Dabei kann zu einem frühen Zeitpunkt der Unzufriedenheit schon sehr effizient und präventiv die ein oder andere Weiche neu justiert werden. Je weniger die emotionale Beziehungsgrundlage torpediert wird, umso schneller regeneriert sie sich auch.

Geht für immer glücklich denn wirklich?

Davon bin ich überzeugt. Die Paare haben es in der Hand, sich für diesen Weg zu entscheiden. Ewige Liebe fällt nicht vom Himmel, aber sie sich zu erhalten ist kein Hexenwerk. 

Wovon profitieren die Paare bei Dir am meisten?

Ich denke von meinem Sinn für Humor und meinem klaren Blick. Mein Ziel ist es, die Paare wieder handlungsfähig zu machen. Das geht nicht mit Kuschelcoaching. Manchmal muss man den Finger auf die Wunde legen, um voranzukommen. In einer überwiegend leichten und humorvollen Arbeitsatmosphäre gelingt das besser. 

Vielen Dank für das Gespräch.

Ewige Liebe fällt nicht vom Himmel. Aber sie sich zu erhalten, ist auch kein Hexenwerk!

Arlyn Wollersheim

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